Was macht der Franzmann am Tag der Arbeit? Nun, nicht viel, wie auch der Nachbar von der anderen Seite des Rheins. Während der Deutsche es vorzieht mit dem Bollerwagen voller Bier in die Natur zu ziehen, um alles, was mit Arbeit und Maloche zu tun hat, zu vergessen, bleibt der Fronzose meistens zu Hause. Ihm bleibt eigentlich auch gar nichts anderes übrig, weil (zumindest in Grenoble) der gesamte Nahverkehr am 1. Mai völlig zum Erliegen kommt: keine einzige Tram, kein einziger Bus fährt. Ok, vielleicht ein kleines Pique-nique im Jardin de Ville oder eine kleine Partie Pétanque (zu deutsch: Boule)...

Netter französischer Brauch ist sich zum 1. Mai kleine Maiglöckchen (auf französisch: muguet) zu schenken, die Glück bringen sollen. De Tradition besteht seit 1561, als Karl X. die Idee hatte zum 1. Mai allen Damen seines Hofes Maiglöckchen zu schenken. Mehr Infos über muguets bibts es hier.

Mein erstes Referat (oder wie der Franzose sagt: exposé) habe ich gestern mit Anstand und Würde hinter mich gebracht. Habe das ganze Thema ("La liberalisation du marché d' électricité en Europe") auf zehn Seiten ausformuliert und dann gestern einfach vom Blatt vorgelesen. Schlimm ist, dass das die Franzosen in meinem Seminar auch so machen. Und das ist später mal die französische Elite...

Dieses exposé hat mich jedenfalls glaube ich mehr Arbeit gekostet als ich jemals in Deutschland an der Uni in ein Referat investiert habe: die zwei Nächte vor dem Referat habe ich so gut wie gar nicht geschlafen, weshalb ich mir heute mal einen unifreien Tag gönne und meine Vorlesung "Droit constitutionel" ausfallen lasse. Da habe ich endlich auch mal die Zeit nutzlos über den Campus zu laufen und fremde Leute Fotos von mir machen zu lassen:



Jetzt sitze ich allerdings vor dem EVE Café und genieße den warmen Grenobler Herbst: Wir schreiben den 25. Oktober und ich laufe hier immer noch im tee-shirt über den Campus! Und auf Belledonne war vor einigen Tagen bereits Schnee zu sehen. Schnee auf Belledonne! Und hier im Tal sind es nachmittags noch zwanzig Grad! Wie geil ist das denn! Dieses Grenoble habe ich damit endgültig in mein Herz eingeschlossen.

Die Alpen! Um Euch an diesem einzigartigen Spektakel auch teilhaben zu lassen, hier drei Fotos: (Natürlich wäre es völlig lächerlich anzunehmen, dass sich durch dise Fotos auch nur annähernd das erhebende Gefühl vermitteln lässt, das sich beim Anblick des majestätischen Massivs von Charteuse eines bemächtigt.)



Der Blick aus meinem Fenster und besonders herrlich in der Morgensonne: Das Massiv Vercors



Auch von Wohnheim aus fotografiert: Belledonne



Und, last but not least, Chartreuse, das letzte der drei Massive, von denen Grenoble eingeschlossen wird.

Natürlich will ich niemandem den Anblick meines Wohn-Klos vorenthalten, in dem ich jetzt seit ein einhalb Monaten wohne. Kaum zu glauben, dass ich für diese zwölf Quadratmeter tatsächlich fast 300 Euro Miete bezahlen muss... Und da sei angemerkt, dass mein Wohnheim noch zu den luxuriösesten gehört: Duchsche und Klo auf dem Zimmer. In Grenoble zahlt man halt offenbar auch für den Alpenblick, den ich zeifelsohne von meinem Fenster aus genießen kann. Immerhin der Vorteil an meiner neuen Bleibe: Bis zur Uni sind es nur zehn Minuten zu Fuß.